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Exotik ist relativ: Winterwonderland in Salzburg

Für die einen sind es einsame Sandstrände, für die anderen märchenhafte Schneelandschaften. Dass sich Salzburg zum Jahreswechsel in ein idyllisches Winterkleid hüllte, führte mich zur genialen Erkenntnis: Exotik ist relativ!

Es ist Januar und ich bin zu Hause in Salzburg. Oho, das ist ja mal ganz was Neues! – würde jetzt vielleicht jemand sagen, der weiß, wie schnell ich meinen Trolley packen kann, um die Stadt, das Land, den Kontinent zu verlassen. Ich bin eben immer für eine Überraschung gut und setze meine Thesen auch gerne mal außer Kraft. Letztes Jahr um diese Zeit war ich nämlich fast einen ganzen Monat lang unterwegs. Ich auf der Flucht vor dem Winter, dem Weihnachts-Trara und dem Silvester-Tamtam. An der Algarve. Dort wo es nie aufhört, nach Frühling zu riechen.

Dieses Mal habe ich mir gedacht: Was soll’s, ich zieh‘ das durch!  Ich bleib‘ zu Weihnachten und zu Silvester zu Hause! Ha, wie mutig, ich weiß! Dennoch: Ich hol‘ den Trolley erst wieder im Februar raus. Februar ist gut. Dann wenn es so richtig zäh wird und der Winter in den Alpen ganz sicher nochmals zum Schlag ausholt, ja, dann bewege ich mich irgendwo in Richtung Sonne! Perfektes Timing. Auch wenn es bis dahin ein harter Weg ist. Ansehen zu müssen, wie so mancher schon im November in die Karibik oder nach Südafrika entfleucht. Oder am Neujahrstag in ein Flugzeug nach Bangkok oder Bali steigt. Die sozialen Medien sind gemein. Erst recht, wenn der eigene Newsfeed, ob nun instagram oder facebook von anderen Reisesüchtigen gefüttert wirde. Man sieht Sachen, die man gar nicht sehen möchte: Palmenstrände, Kokosnüsse, bunte Sarongs, salzige Schaumkronen, weißen Sand und helles Licht.

Das Schicksal wollte es, dass es zum Jahreswechsel in Salzburg geschneit hat wie wohl schon lange nicht mehr. Ich mag den Winter nicht, da bin ich ganz offen und ehrlich. Diese Zeit des Jahres gleicht für mich eher einem Survivaltraining. Es geht ums blanke Überleben, die Laune halbwegs hoch zu halten und beim geringsten Anschein von Sonnenschein sofort rauszugehen, um den Vitamin D-Haushalt ins Lot zu bringen. Am liebsten würde ich Winterschlaf halten und gar nichts davon mitbekommen. Doch als sich diese weiße Schneeschicht über Dächer, Wege und Bäume legte, war ich dann doch ganz froh kein Igel zu sein, den der kleine Spatz wahrscheinlich im Frühling darüber aufklärt, welche Pracht er verpasst hat. Mein Weihnachten und Silvester war überraschend entspannt, kein Flughafen, kein Gepäck, keine Hotelbuchung. Einfach zu Hause bleiben und zur Ruhe kommen. Kochen, mit der Familie zusammen sein und lange Spaziergänge durch den Schnee machen. Eigentlich gar nicht so verkehrt.

Die Touristen hatten in Salzburg ihre wahre Freude. Italiener, Japaner und Amerikaner. Ja, sie alle lieben Salzburg nicht nur im Sommer sondern auch zur Weihnachtszeit und vor ihren Augen breitete sich ein filmreifes Märchen aus. Es war ihnen gegönnt. Bis auf die Busse, die sich weiterhin tapfer und aufdringlich zugleich durch die schneebedeckte Altstadt drängten, wurde alles irgendwie ruhiger und beschaulicher als sonst. So langsam wie die vielen Schneeflocken, die wie in Zeitlupe zu Boden fielen. Dieses seltene Schauspiel ließ ich mir nicht entgehen. Also bin ich durch Salzburgs Altstadt spaziert, durch die kleinen Gassen und über die großen Plätze, an der Salzach entlang und über den Mönchsberg. Als ich ein Foto von den verschneiten Bäumen und Wegen mit der Festung und der Altstadt als Kulisse auf instagram postete und dieses Foto die größte Resonanz ever bekam, wurde mir klar: Exotik ist relativ! Was für mich nichts besonderes sein mag, weil es doch einfach nur viel Schnee an einem Wintertag  ist, mag für einen Menschen an einem anderen Zipfel der Welt etwas ganz Außergewöhnliches sein. (Oder auch nicht, denn ich erinnere mich immer wieder gerne an meine Bekanntschaft mit einem Polynesier, der einen Hüttenurlaub in Schladming wie selbstverständlich zu seinem Reise-Repertoire zählte). Vielleicht sehnt er sich danach, einmal einen richtigen Winter mit allem was dazugehört zu erleben. So wie ich vielleicht von Traumstränden mit endlos weißem Sand und türkisblauem Wasser fantasiere. Ich weiß nicht, ob diese Fantasie so ausgiebig wäre, wären meine Heimat die Seychellen. Denn das Gras, das man vor der Nase hat, ist bekanntlich niemals so interessant, wie das auf der anderen Weide hinter dem Zaun. Das Unbekannte, das Neue, das Exotische zieht uns magisch an. Wäre das nicht so, wäre niemand jemals auf die Idee gekommen, seinen Platz zu verlassen, um zu verreisen. Und Columbus hätte vermutlich einen Schrebergarten angelegt anstatt in See zu stechen. 

Und gerade wollte ich schreiben, dass ich mit meinem Zuhausebleiben ausnahmsweise nicht die Attitüde eines Columbus an den Tag gelegt habe, sondern eher die eines Gartenzwergs. Doch da fiel mir der weit gereiste Gartenzwerg aus der wunderbaren Welt der Amelie ein. Stimmt also so auch wieder nicht. Egal, ich fasse mich einfach kurz: Ich bin froh, dieses Mal zu Hause geblieben zu sein. Und sei es nur, um die Exotik meiner Wahlheimat mit den staunenden Augen eines Reisenden zu betrachten…

Winterspaziergang Salzach Salzburg Stadt

Salzach Blick auf Festung im Winter

Museum der Moderne Salzburg Dezember

Museum der Moderne Salzburg Winter

Tor Salzburg Altstadt Winter

Spaera Kapitelplatz Salzburg Goldene Kugel

Durchgang Domplatz Residenzplatz Altstadt Salzburg

Die Pieta Statue Jedermann Domplatz Salzburg

Anna Chromy Die Pieta Don Giovanni Jedermann Statue Salzburg

Salzburg Winter Nacht

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14 comments

  1. Wahre Worte. Mir gehts da ähnlich, den Winter mag ich nur erdulden, wenn er sich von seinr besten Seite präsentiert und alles mit glitzernden Schnee-Baiser überzogen ist. Aber dann hat die Heimat wirklich ihren Reiz. Trotzdem würde ich sofort zugreifen, wenn man mir mit einem Fluticcket ins Warme vor der Nase wedelt ;-)

    1. Ja, Winter ist am schönsten, wenn er sich kurz hält! ;-) Sommer kann hingegen nie ausgiebig genug sein, finde ich!

  2. Ich entfliehe ja gerne dem Winter in ferne Länder. Aber ehrlich gesagt: Wenn alles so schön weiß „angezuckert“ ist, dann liebe ich den Winter zu Hause. Außerdem habe ich mir ja weiße Weihnachten gewünscht: http://www.andersreisen.net/2014/12/07/i-am-dreaming-of-a-white-christmas-in-salzburg/ Mit ein paar Tagen Verspätung durfte ich mich noch darüber freuen, bevor es dann ab nach Indien ging. Hier freue ich mich aus der Ferne über Deine tollen Schneebilder. :-)

    1. Ja und ich muss zugeben, dass ich gerade ein bisschen Sehnsucht nach Palmenstrand habe.. Der Schnee hat sich übrigens schon wieder verflüchtigt :-)

      Liebe Grüße nach Indien…

      1. Oje… kein Schnee mehr? Da muss ich dann auch wohl wieder in Erinnerungen schwelgen. Ich sende Dir viele Sonnenstrahlen vom Palmenstrand :-)

        1. Sonne ist da, aber leider ohne Palmenstrand ;-)

          1. Ich könnte Dir ein paar Palmen schicken. Auf einer Ansichtskarte. Bei mir im Blog gibt’s bis Donnerstag noch ein kleines Schätzspiel, wo Du die Chance auf eine Karte hast. Also, einfach mitmachen. :-)

          2. …oder mir eine Kokosnuss zur ITB mitbringen, damit geb‘ ich mich auch zufrieden! ;-))

  3. Wow, so schöne Fotos! So wie Du den Winter präsentierst, gefällt er mir ganz hervorragend! Aber was sich gerade in Wien so jahreszeitenmäßig abspielt (Himmel, so grau, so grau, so grau…), darauf kann ich gut und gerne verzichten…seufz….

    1. Der Enthusiasmus für meine neue Kamera hat diese Winterfotos bestimmt etwas begünstigt! ;-) Aber stimmt, Wien kann schon ein graues Nebelloch sein im Winter. Aber es ist ja fast schon Februar, es geht aufwärts und die Tage sind auch schon wieder länger! :-)

  4. @ Jeanette: Zur ITB-Zeit bin ich noch in Indien! ;-)

    1. Na sowas, kein Berlin-Treffen dieses Mal? Dann hoffentlich mal wieder in heimischen Gefielden! ;-) Noch eine schöne Zeit!

      1. Absolut! Es wird wieder mal Zeit für eine Fortsetzung der „kulinarischen Weltreise“ in Salzburg.

        1. Ja, unbedingt! Höchste Zeit unsere Kulinarik-Reise fortzusetzen! Bis bald…