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Instatrip #10: Sardinien und die bodenständige Seite der italienischen Jet-Set-Insel

In nur einer Stunde Nieselregen gegen Sonne und Meer eintauschen? Sardinien macht’s möglich. Zum Glück hat die Lieblingsdestination der Superreichen auch ein zweites Gesicht.

Woran denkt man zuerst, sobald man Sardinien hört? An Jet-Set und an die Costa Smeralda. An große Villen, Privatjets und Luxusjachten. An Flavio und seinen Billionaire Club und Michelle im Bikini, weil sie alle Jahre wieder so schön von der Titelseite des „Chi“-Magazins lächelt. Dabei kann Sardinien auch anders. Und zwar völlig anders.

Der Grund, warum es mich ausgerechnet im Hochsommer nun schon…hm, zum vierten Mal…nach Sardinien verschlägt, ist ganz schnell erklärt: Mein Konzept „Bleib im Juli und August zu Hause und überlasse das Mittelmeer den urlaubenden Massen“ geht nicht mehr auf, seit der Sommer im Alpenland einem regenreichen November gleicht. Immer wenn mich das triste Sommerwetter enttäuscht und ich beschließe, den Trolley zu packen und nach einem billigen Flug Ausschau zu halten, drängt sich dann die zweitgrößte Mittelmeerinsel ganz selbstbewusst auf, auch wenn sie zuerst gar nicht meine erste Wahl gewesen wäre. Doch wer könnte den läppischen 160 Euro und der Flugzeit von gerade mal 75 Minuten schon widerstehen?

Sommerdestinationen, die man schon kennt, haben ihre Vorteile: Man hat nicht den Drang, völlig neues Terrain erobern zu müssen. Die Strände und Buchten, die Orte am Meer und das Hinterland, die Restaurants und versteckten Agriturismo-Juwele …vieles davon kennt man einfach schon und das entspannt ungemein. Man weiß, dass man sich den Ausflug nach Porto Cervo sparen kann, weil man mit dem künstlich aufgebauschten Luxus ohnehin nicht mithalten will. Stattdessen spaziert man ganz bodenständig durch Olbia, trinkt dort einen Cappuccino und fährt weiter Richtung Süden nach Porto Istana, um sich dort am bunten Bilderbuch-Urlaub italienischer Familien zu ergötzen –und sich in sicherer Distanz zu den belebten Liegestuhlreihen unter einem Baum in ein Buch zu vertiefen. Das türkisblaue Meer direkt vor der Nase.

Die Gesichter Sardiniens – Follow Your Trolley Reiseblog

Oder man wohnt in einem Refugium in den Bergen, weit weg von eigentlich allem. Und immer dann, wenn man den Trubel vermisst, bricht man auf, vielleicht nach Norden, nach Arzachena oder Palau. Eine Sackgasse und eine Ruine, die mal ein Hotel mit Strandbar gewesen sein muss, lässt spüren, dass die Fassade Sardiniens an so mancher Stelle bröckelt. Es lässt sich erahnen, dass die Insel und ihre Menschen den schönen Schein so lange wie möglich am Leben erhalten, bevor die Insel mit Saisonende wieder von der Bildfläche verschwindet und mehr Ruhe einkehrt als den Einheimischen, die vom Tourismus leben, lieb ist. Von der Ruine geht man instinktiv weiter, obwohl der Weg hier eigentlich zu Ende ist. Man steigt über unwegsames Gestein und entdeckt eine kleine Bucht. Der Sand nicht ganz so strahlend weiß, wie an Sardiniens luxuriöser Strandmeile und hier und dort etwas Seegras, welches das türkisblaue Meer an manchen Stellen trübt. Doch dafür hat man dieses kleine Paradies für sich ganz allein. Mitten im Mittelmeer, mitten im August.

Mal abgesehen von dem alten italienischen Ehepaar, das gegen 17.00 Uhr eintrifft, eine Runde schwimmt und wieder geht als wäre nichts gewesen. Weil sie das wohl schon seit 40 Jahren genau so machen. Man beobachtet, wie sich Millionäre auf ihren Jachten, die vor Anker liegen, auf höchstem Niveau langweilen. Trotz Jet-Ski, trotz Helikopter, trotz kistenweise Champagner an Board. Und während man in das Panino mit Pecorino beißt (weil man nirgendwo so hemmungslos essen kann wie auf Italiens Stränden und selbst mit prall gefüllten Supermarkttüten bepackt niemals unangenehm auffällt), ist man wieder mal froh, dass Geld kein Schlüssel zum Glück ist und man wahren Luxus nicht kaufen kann.

Sommerurlaub in Sardinien - abseits der Costa Smeralda

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11 comments

  1. hahaha, mein Prinzip im Juli und August zu Hause zu bleiben wurde diesen Sommer auch arg angekratzt. Ich war jedoch standhaft ;) umso mehr vielen Dank für die tollen Sommerbilder aus Sardinien! :) die Insel nimmt schon länger einen Spitzenplatz auf meiner heimlichen Bucket-list ein – mal schauen, ob ich es in diesem Jahr noch schaffe…

    1. Diese Standhaftigkeit hat in diesem Sommer einen echten Orden verdient! ;-) Sardinien wäre einen antizyklischen Versuch im Oktober oder November Wert…würde mich jedenfalls reizen!

  2. Tolle Bilder! Und danke für den Bericht.Bin grade kurz davor Sardinien zu buchen. Will schon so lange da hin und ich brauch noch ein bisschen Sonne und Meer bevor der Herbst kommt…:-) Hast du noch einen Hoteltipp? LG

    1. Gute Idee kann ich nur sagen! ;-)
      Ich war zum 2. Mal im Locanda Murales:
      https://www.follow-your-trolley.com/sardinien-im-august-ein-geglucktes-experiment-urlaub-im-bb-locanda-murales/

      Und auch 3 Tage im Jaddhu Country Resort, das liegt nördlicher in den Bergen, schön ruhig, gutes Restaurant, aber nicht ganz so liebevoll im Detail. (Bericht auf FYT in Arbeit! ;-) Ich würde also beim nächsten Mal eher mal das Tenuta Pilastru versuchen, noch versteckter in den Bergen. Die Anlage wirkt gepflegter, hab allerdings die Zimmer nicht gesehen.

  3. cool, danke! Werde ich mir gleich mal anschauen!

    1. :-)

  4. Sehr schöne Bilder und Artikel, Sardinien fehlt mir noch auf meiner Liste ;) Sollte dieses Jahr mal angegangen werden!

  5. Oh, ich bin auf deine Sardinien-Artikel gestoßen und freue mich riesig, endlich zum ersten Mal dorthin zu fliegen. Meine Mutter liebt die Insel auch und wir haben schon die Yogamatten gepackt. Fliegen Ende April, also fernab vom Trubel. Ich werde mich mal weiter hier durchlesen, um die Euphorie weiter voranzutreiben :)

    Liebe Grüße,
    Anika

    1. Liebe Anika, Sardinien Ende April und mit Yogamatte – klingt toll! Viel Spaß!

  6. Toller Artikel. Sardinien steht ja schon lange auf meiner Liste! :)

    1. …und es kommt Nachschub! Ich bin nämlich gerade wieder auf der Insel! Mit völlig neuen Eindrücken… ;)