Wie überraschend kann eine Stadt sein, wenn man schon einige Mal dort gewesen ist? So überraschend, wie man sie eben sehen will! Und so war dieses Flashpacking-Weekend in München ein bunter Mix aus Altbewährtem und Neuentdecktem.
Neu entdeckt habe ich die Geschwindigkeit, mit der man ganz „zügig“ von Salzburg nach München unterwegs sein kann: Das Bayernticket mag als smarte Sparvariante so manchem (auch mir) auf dieser Strecke zuerst in den Sinn kommen. Doch der Flashpacker in mir wollte dieses Mal wissen, wie sich die erträgliche Schnelligkeit des Seins ganz ohne Zwischenstopps anfühlt: Großartig!!
SAMSTAG
Frisch-fröhlich und mit ein paar „Nespressi“ im Blut am Ziel angekommen, geht’s erst Mal zum VIKTUALIENMARKT. Doch bevor wir uns im typisch bayerischen Lebensgefühl aus gemütlicher Geschäftigkeit verlieren, halten unsere wachsamen Augen nach dem Namen LOUIS Ausschau. Und schon taucht sie vor uns auf, die stilvolle Hotelfassade des Louis, die ganz so aussieht, als könnte es uns dahinter auch gefallen.
Hotels gefallen mir ja immer dann besonders, wenn mir schon am Eingang meine Lieblingsfarbe entgegenblinzelt. Mit dem großformatigen Bild in der Lobby hat das Hotel Louis meinen Geschmack schon voll getroffen: Yesss, stimmungsaufhellendes Türkis – an einem Novembertag, der zum Zeitpunkt der Anreise noch gar nicht so trist war, wie er sich noch entwickeln sollte.
Die Rezeptionistin hat sichtlich Freude daran, ihr Pult zu verlassen, um uns in die 5. Etage zu begleiten. Doch Flashpacker begreifen schnell, so braucht es keine großen Mühen, um Keycard und Liftfunktionen zu erklären. Ein wohliger Moment, sich erst Mal auf dem Bett niederzulassen und die Beine hochzulegen, zwei kleine Flaschen Vöslauer auf dem Tisch zur Begrüßung – damit sich wohl auch Ösis in München wie zu Hause fühlen. Im Eck steht ein Schrank im Stil eines Überseekoffers – ein hübsches Ding, in dem Flatscreen, Tresor und Minibar Platz finden.
Auch das Badezimmer versucht sich stylish hervorzutun: Pariser U-Bahn-Fliesen (wobei ich immer „New Yorker Loft-Fliesen“ dazu sage, ohne zu wissen warum), der dicke Brausekopf und die Retro-Armaturen beeindrucken mich noch nicht, die Beauty-Produkte der Marke Ren allerdings schon – bewährte Bioware aus Skandinavien, die man in Hotels nicht allzu häufig antrifft.
Auch auf Bademantel und Frottee-Schuhwerk kann man im Hotel Louis zählen. Letzteres gar keine dumme Idee, um fröstelnde Zehen zu besänftigen. Nein, nach einer Heizung muss man nicht suchen, es gibt sie nicht, dafür hilft man sich mit dem, was die Klimaanlage hergibt. Eine zweite Bettdecke wäre gar nicht schlecht gewesen, aber zumindest gibt zwei Kissen für jede Person. Ein kleiner Luxus, der irgendwie sein muss.
Sauna und Fitness-Raum gibt es auch, auch wenn ich mehr Punkte vergeben würde, würde sich ein Hotel als Yogaexperte qualifizieren. Es wäre doch schön, einen hübschen Raum vorzufinden mit ein paar Yogamatten in der Ecke. Mehr bräuchte es nicht, um einen Yogi glücklich zu machen. Stattdessen entdecke ich die Dachterrasse. Auch ganz fein, wenn man fantasievoll genug ist, sich hier einen urbanen Sommertag vorzustellen.
Doch man ist ja nicht nur nach München gekommen, um sich im Hotel zu verbarrikadieren. Als geht’s raus ins Samstags-Gewühl, mitten auf den Marienplatz, vom Viktualienmarkt ja nicht weit, und siehe da – zwischen den grauen Wolken kommt plötzlich die Sonne durch. Man kommt gleich richtig in Laune und merkt, dass man eigentlich Hunger hat.
Und ja, da wären wir wieder beim Altbewährten: Warum lange überlegen oder Experimente wagen, wenn man doch weiß, dass es nicht weit, im KOCHSPIELHAUS, köstliche Sachen gibt, die man als Frühstück, Brunch oder Lunch definieren könnte. Zu Brötchen, Käse und Rührei mit Gemüse gab’s erst Mal Kaktusfeigentee und später einen Cappuccino. Zu glücklich einen Platz ergattert zu haben, bleibt man noch ein bisschen länger und lauscht aufstrebenden Karrieremenschen, was sie am Wochenende bei teurem Frühstück, Brunch oder Lunch über ihren harten Alltag in Medien-, Werbe- und PR-Agenturen zu beklagen haben. Die prall gefüllten Belohnungstüten von Ludwig Beck, Hallhuber & Co stehen gleich neben dem Bistrotisch. Ja, es ist nicht leicht, ein moderner, erfolgreicher Stadtmensch zu sein. Auch nicht im gemütlichen München.
Später lassen wir uns wieder vom Trubel anziehen. Tun, was alle an einem Samstag tun. Das SENDLINGER TOR steht da ganz verträumt am Ende der Straße. Wie eine magische Grenze, die die Szenerie aus Menschen mit Tüten und Coffee-to-go in der Hand abrupt beendet. Fast wie ein Kunstwerk wirken die noch an den Bäumen verbliebenen Blätter, die sich vor den immer grauer werdenden Himmel schieben. Und ja, genau hier fällt auch der erste Regentropfen vom Himmel.
November Rain in München
Zeit, das Sightseeing zu beenden und wie gerufen steht da ein rot-silbernes Bike. Es gibt sie also tatsächlich, die Fahrräder der DB, die man an bestimmten Hotspots der Stadt findet und mit Code entriegeln kann. „Call a Bike“ nennt sich der praktische DB-Service, der mich in Windeseile zum Hotel zurückbringen könnte. Wäre da nicht noch meine Reisebegleitung und weit und breit kein zweites Rad in Sicht. So wird die Mission von den Pedalen auf die Füße verlegt, zurück ins Louis. Wir schlüpfen in unsere Yogaklamotten und bewaffnet mit dem Regenschirm vom Louis geht’s quer über den Viktualienmarkt hinüber ins AIR YOGA STUDIO. Ja, hier ist es fein, die Matten sind ausgerollt und die Kerzen leuchten warm zwischen Buddha-Köpfen. Und Tanja Seehofer gibt gleich eine Yin Yoga Stunde. München kann doch so gemütlich sein.
SONNTAG
Wenn es regnet, verliere ich in Städten noch schneller die Orientierung als sonst. Anderen beschirmten Sonntagsmünchnern dürfte es ebenso gehen. Auch werden die Schritte schneller, will man dem Novembernieselwetter doch ehestmöglich entkommen. Man läuft also in Richtung GÄRTNERPLATZ und stürmt das COTIDIANO. Wieder so ein Frühstück-Lunch-Brunch-Lokal, in dem sich halb München trifft. Nein, für uns ist hier kein Platz mehr. Wir laufen einen Viertelkreis, hinein ins DEL FIORE, das so wirkt, als wäre es mal eine Fleischerei gewesen, bevor es beschlossen hat, chic zu werden. Jetzt gibt’s hier Kürbissuppe neben Schokotarte.
Man kann ja nicht ewig Schokotarte essen, also geht’s wieder hinaus in die nasskalte Münchner City. Wer behauptet, eine Stadt zu lieben, muss sie auch beim miesesten Wetter erlebt haben. Ganz ohne Sonnenstrahl. Wer sie dann noch liebt, liebt sie wirklich. Mir fehlen sie, die Sonnenstrahlen. Ganz im Gegensatz zu den Japanern, die sich mit einem Straßenkünstler und seinem goldfarbenen Bierfass breit grinsend vor dem HOFBRÄUHAUS fotografieren lassen. Und auch den johlenden Menschen, die hier vereinzelt im Regen stehen, dürfte es gerade an nichts außer dem nächsten Bierglas fehlen.
Also doch lieber weg von den touristischen Attraktionen. Und wieder steht da, wie plötzlich vom Himmel gefallen, ein DB-Bike. Eines wohlgemerkt. Nein, meine Begleitung hat nicht einfach das blaue oder das schwarze genommen. Per Rad hätte man ganz flink die Stadt im Eiltempo erkunden können, doch ein nasser Sattel, eine Hand auf der Lenkstange und in der anderen den Regenschirm….wenig verlockende Aussichten. Das Radfahren haben wir vertagt. Stattdessen haben wir das gemacht, was jeder bei so einem Wetter machen sollte: Sich der Langsamkeit des Seins hingeben. Noch eine Schokotarte essen, noch einen Cappuccino trinken und eine weitere, tiefenentspannende Yogaeinheit einlegen.
Hinweis: Danke an HRS und die Deutsche Bahn, die diesen Weekendtrip nach München möglich gemacht haben.