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Tegernsee: 3 Survival-Tipps für Flashpacker

Postkarten-Idylle, Kururlaub, Tretbootfahren. Begriffe, die einfach nicht zum Flashpacker-Dasein passen wollen. Und doch hat es mich durch die Verkettung einiger Umstände für ein Wochenende nach Bad Wiessee am Tegernsee verschlagen. Eine völlig neue Reiseerfahrung mit Abenteuern der etwas anderen Art, die selbst gewandte Weltreisende herausfordern.

Ich hätte es wissen müssen: Man fährt nicht an den Tegernsee, um Abenteuer zu erleben. Man fährt dorthin, um entspannt die Seepromenade entlang zu schlendern. Und das vorzugsweise in Khaki-Shorts, Sandalen mit Klettverschlüssen und mit einem Lederrucksäckchen am Rücken, das vor gut 15 Jahren mal so richtig in war. Das  Tegernsee-Komplott? Über, das was man im Urlaub so trägt, scheinen sich Tegernsee-Urlauber jedenfalls einig zu sein wie nirgendwo sonst. Vom synchronisierten Paar-Look wollen wir hier erst gar nicht reden.

Was hat ein Flashpacker also am Tegernsee verloren? Nichts! Doch kann man bei einem Ausflug wie diesem durchaus etwas lernen und im Kleinen das üben, was bei großen Reisen zählt: Nichts erwarten und sich auf das Neue und Unbekannte einlassen. Flexibel bleiben und sich an die gegebenen Umstände anpassen. Das Beste, was der Trip zu bieten hat, erkennen und genießen.

Der Follow Your Trolley Survival-Guide für eine Wochenende am Tegernsee

Flashpacking-Tipp Nr. 1: Stilvoll Wohnen im Landhaus St. Georg

Es muss nicht Resis angestaubte 3-Sterne-Pension sein. Nicht mal am Tegernsee. Was sich empfiehlt, ist eine gute Mischung aus bayerischer Tradition und Boutiquehotel-Flair. Gesucht und gefunden im Bio Design St. Georg in Bad Wiessee. Über das Preis-Leistungs-Verhältnis lässt sich zwar streiten, da man zu solch saftigen Preisen (170 Euro pro Nacht für drei Personen –  mit Doppelbett und einem filigranen Klappbett) die gewissen Extras, die wir Flashpacker so lieben, vergeblich sucht (L’Occitane-Produkte im Bad, eine Karaffe mit Wasser und drei Äpfel – aber das war’s dann auch schon). Ein Hoch an den Webdesigner, der das Hotel größer und komfortabler erscheinen lässt, als es eigentlich ist.

Der Mix aus „alte Tradition trifft auf modernes Design“ wirkt an manchen Stellen geschmackvoll, an anderen bemüht.

Ein Lob für das Frühstücksambiente mit Bio-Produkten, die statt in herkömmlicher Buffet-Form stets frisch an den Tisch kommen. Individuellen Wünschen wird freundlich nachgekommen, doch was es nicht gibt, das gibt es eben nicht – sei es Sojamilch oder frische Gurken. Fazit: Im Landhaus St. Georg lässt es sich gut der etwas fragwürdigen Tegernsee-Atmosphäre entkommen. Die perfekte Wahl für Bio-Freaks und Frühstücksenthusiasten, denen es auf ein paar Euro mehr nicht ankommt.

Flashpacking-Tipp Nr. 2: Gut gerüstet mit Geschmacksnerven aus Stahl

Soviel vorweg: Als Österreicher verspürt man beim Anblick der Speisekarten akutes Heimweh. Die traurige Wahrheit: Der Deutsche kann sich von Zwiebelrostbraten mit Pommes einfach nicht trennen. Daher schmuggelt der Grieche, Asiate und Italiener des Deutschen Lieblingsgerichte wie selbstverständlich unter Tsatziki, Sushi & Pasta. Vegetarier haben es doppelt schwer.

Der kulinarische Worst Case lässt nicht lange auf sich warten: Kartoffelpuffer – in Deutschland stilgerecht mit Apfelmus serviert. Ok,  das kennt man, da muss man durch, damit kann man leben.

Serviert wird das Wundergericht allerdings mit Staubzucker. Hm, ok, das ist neu. Die asiatische Kellnerin beteuert: „Iss nich suss!“ Man nimmt eine Bissen, vielleicht hat man es ja mit einer Tegernseer Spezialität zu tun. Große Fragezeichen zwischen Hirn und Geschmacksnerven tun sich auf. Nein, das geht nicht, auch nicht in Deutschland. Die polnische Kellnerin, die sich mit ihrer ebenso großen wie breiten Statur in ein schwarzes Dirndl gequetscht hat, klärt schließlich auf, dass der Lehrling in der Küche (vermutlich gehört er einer Nationalität an, die Kartoffelpuffer nicht mal aussprechen kann) wohl etwas verwechselt hat. Fazit: Schlechtes, überteuertes Essen in deutscher Wirtshaus-Atmosphäre. Gourmets sollten den Tegernsee meiden. Alle anderen nutzen das Wochenende am besten für eine Fasten- oder Saftkur.

Flashpacking-Tipp Nr. 3: Stand Up Paddling – das Bungee-Jumping des Tegernsees

Adrenalin wird man am Tegernsee nicht los, soviel ist klar. Wer ein Tret- oder Elektroboot der kollektiven Schiffsrundfahrt vorzieht, beweist bereits eine große Portion Individualität und mutigen Pioniergeist. Die Sache mit dem Tretboot ist übrigens gar nicht mal so schlecht. Immerhin gilt es dem Ausflugsschiffverkehr auszuweichen, was sogar ein bisschen Spannung bringt.

Und ja, es lässt sich gut vom Boot aus ins Wasser springen, untertauchen und vergessen, wo man eigentlich ist.

Und bevor man anfängt, von Meer, Wellen und einem Surfboard zu träumen, kann man sich sogar dem neuen Trendsport Stand Up Paddling widmen. Es ist auch schön, den Leuten dabei zuzusehen. Vor allem Männern, die den Balanceakt mit Speedo-Badehosen und extremer Coolness zu überspielen versuchen, um irgendwann wie ein betrunkener Frosch vom Board zu kippen. Aber um die Sache positiv zu sehen: Wenn sich die Abendsonne über den ruhigen See breitet, könnte man sich fast wie ein Südseeinsulaner zu den Anfängen des Surfens fühlen. Fast. Fazit: Eine Runde Tretbootfahren (1h 9 Euro) und ein bisschen Stand-Up-Paddling (1h 15 Euro) sind leistbar. Für eine Stunde fühlt man sich da draußen am See wie ein Mensch, ein Individuum. Und weniger wie ein Pauschaltourist mit Klettverschluss-Sandalen.

 

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