Spontaneität lohnt sich. Vor allem, wenn an der Algarve Winter herrscht. Touristen tummeln sich im Januar spärlich. So lässt es sich in reizenden Boutique Hotels breit machen, fast so als wäre es die eigene Residenz.
Rustic Boutique Hotel – so der Untertitel der Casa Fajara, die im Vale de Carrapateira, meinem Lieblingsplatz an der Algarve, ganz für sich alleine steht. Ein treffender Name. Denn rustikal ist sie auf den ersten Blick schon. Mit seinem nicht mehr ganz so weißen Gemäuer und den vorbeiziehenden Schaf- und Kuhherden wirkt das Anwesen wie eine Ranch. Sonst tut sich hier nicht viel. Nicht im Sommer und im Winter erst recht nicht. Es schwebt etwas Ruhevolles über dem Tal und der würzige Duft wild wachsender Kräuter hängt selbst im Januar tapfer in der Luft.
Ein Last-Minute-Angebot von booking.com führte mich in den „Wilden Westen“ Portugals: Ein Zimmer für zwei Nächte um 116 Euro inklusive Frühstück – das lässt Flashpacker frohlocken. Zumindest angesichts der üppigen 175 Euro, die man im August für nur eine Nacht auslegen müsste, sollte man überhaupt ein freies Zimmer ergattern. Kaum einen Fuß in die Casa Fajara gesetzt, wird man emsig begrüßt und erfährt: Wir sind die einzigen Gäste! Rezeptionistin, Putzdame und dort drüben irgendjemand in der Küche wurden, wie es scheint, schnell auf den Plan gerufen, weil sich überraschend Besuch angekündigt hat. Aucht hat Flashpacking-Trick #1 wieder funktioniert: das billigste Zimmer buchen und die Luxus-Suite bekommen. Wäre ja auch eine Verschwendung, wo doch das gesamte Haus leer steht!
Fast unheimlich allein hier zu sein, wäre da nicht der entzückende Cottage-Stil, der sich in den Fluren ankündigt und in den Zimmern fortsetzt. Barockspiegel an den Wänden, jede Menge weiße Kissen und Decken, die sich auf dicken Matratzen türmen, Vintage-Kommoden und Kerzenleuchter. Eine englische Lady sei die Inhaberin, erfährt man vom ungarisch-portugiesischen Hotelteam. Eine Dame mit Geschmack für edles Interieur, soviel ist klar. Kleine Stilbrüche hie und da, vielleicht hat das Personal die aus der Reihe tanzenden Ikea-Tasssen ja gekauft ohne sie zu fragen.
Abends speisen wir im wohl einzigen geöffneten Restaurant im Umkreis von 30 Kilometern im Dörfchen Carrapateira. Ruhig ist es im Winter an der West-Algarve. Und so dunkel, dass man die Sterne am Himmel zählen kann. Die Stille wird nur vom diffusen Geräusch tosender Atlantikwellen unterbrochen. Man scheint zu wissen, dass wir nicht lange da draußen blieben, denn als wir zurückkommen, werden wir von knisterndem Kaminfeuer empfangen. An der Bar bedient man sich selbst und notiert es schlicht auf einem Block.
Es schläft sich himmlisch, flauschig und ruhig in den Betten der Casa Fajara. Fast so wie in Westins „heavenly beds“. Wir könnten noch Feuer machen im zimmereigenen Kamin, tun es aber nicht. Für den nächsten Tag gilt „natürliches Erwachen“. Heißt, das iPhone hat Pause und mit ihm auch sämtliche Weckfunktionen. Es reicht, dass man könnte, wenn man wollte. Das WIFI ist kostenlos, mit einer Reichweite bis in die Ecken unserer Luxussuite. Man tapst zum Frühstück…und ja, das Personal hat schon aufgetischt. Ein ganzes Buffet für zwei Gäste. Croissants und Toast, Eier, Käse, Joghurt. Nespresso-Maschinen, die ich ignoriere und die Filterkaffeemaschine anwerfe, weil es so herrlich retro ist. Die Musik aus der Hightech-Box kann sich nicht zwischen Fado und Krishna Das entscheiden. Irgendwie reizend. Apropos „Krishna Das“: Yoga kann man hier auch machen. Die ungarische Köchin ist nämlich auch Yogalehrerin. Das Holzhäuschen am Ende des Anwesens ein Shala, das mit Matten und gemütlichem Holzboden ausgestattet ist.
Kein Zweifel: Das Personal ist nur da, um sich um unser Wohl zu kümmern. Es wuselt um den einzig gedeckten Tisch oder huscht wie zufällig lächelnd durch den Raum. Kaum den frisch gepressten Orangensaft geleert, taucht auch schon der Masseur auf, um uns in einem Raum unter dem Dachgiebel durchzukneten. Warmer Sand in Baumwolltüchern gehüllt, lässt die Wirbelsäule jauchzen. Es riecht nach Rosmarin, noch stärker als auf den Wiesen rund um unsere Hacienda.
Es dauert nicht lange, bis man meint, man hätte den Luxus für immer gepachtet. Man glaubt gar nicht, wie schnell man sich an Masseure, Köchinnen, Kaminfeuer und noblen englischen Landhausstil gewöhnen kann. Auch wenn das alles so gar nicht in die eigentlich so bescheidene Gegend passt. Bevor wir also weitere Abhängigkeiten entwickeln (Poolboy, Gärtner, Reitlehrer, Krocketspiele…), reisen wir mal besser wieder ab und lassen den wildromantischen Strand von Bordeira samt seiner imposanten Wellengewalt zurück. Wir wenden uns unserem nächsten Ziel zu: Tavira im sanften Osten der Algarve.
Noch mehr Herbergen an der Westküste Portugals entdecken? Dann geht’s hier zu meinen persönlich ausgewählten Insider- Tipps: Die schönsten B&B’s, Gästehauser, Boutique Hotels & Co an der Algarve. deiner
Meine Reisen in Instagram-Bildern: Lass‘ dich inspirieren und folge meinen Instagram-Impressionen!