Niemand hat sich diesen Virus namens Covid-19 gewünscht. Doch diese globale Krise ist auch eine Chance, das Alte gehen zu lassen, unser Herz weit zu öffnen & das Schöne besser zu sehen.
Das chinesische Schriftzeichen ji 机 bedeutet Gelegenheit und steckt gleich in zwei Begriffen mit gegensätzlicher Bedeutung: Krise (weiji 危机) und Chance (jihui 机会). In der Krise steckt also die Gelegenheit, dass die Dinge zwar miserabel sind, aber wieder besser werden können. Und die Chance ist somit eine Gelegenheit, dass das ohnehin Gute gleich noch besser wird.
Von dieser Krise, die man auch als Chance für Veränderung sehen kann, spricht man gerne in Therapeuten- und Managerkreisen. Ich selbst habe davon erst kürzlich gehört – obwohl ich mich als Yogalehrerin schon einige Zeit mit TCM und der Yin & Yang-Philosophie beschäftige. Unser Verstand tut sich schwer, eine Krise als Chance zu betrachten. Eine Krise ist etwas, das es zu vermeiden gilt. Etwas, das man nicht haben will. Etwas, das am besten weit weg ist. Mit Corona kommt die Krise weltweit bis ins Wohnzimmer.
Unsere Welt ist nicht erst seit Corona in der Krise. Sie ist schon viel länger aus den Fugen geraten. Das wissen wir von Klimaforschern, Philosophen und Wissenschaftlern. Manche spüren es auch. Es ist dieses eigenartige Bauchgefühl, das sich nicht zuordnen lässt und vor allem die sensibleren Menschen unter uns konstant begleitet.
Angst. Panik. Unsicherheit.
Ein Gefühl, das kollektiv schon lange da war, da und dort belächelt wurde, und jetzt mit einem Virus endlich einen Namen bekam. So wie das gute alte Burnout, das zwar da war, aber lange keinen Platz, keine Zuordnung und keine Stimme in der optimierten Leistungsgesellschaft fand.
Sehnsucht nach der Ausnahme
Ich hoffe, man nimmt es mir nicht übel – und ich wünsche niemandem auf der Welt etwas Schlimmes, nicht mal der kleinsten Ameise – aber ganz ehrlich: Ich habe mir schon immer eine Ausnahmesituation herbeiwünscht. Eine subtile Neugier, was denn nun wäre, wenn das alles hier zusammenbricht. Diese Vorstellung hatte keinen Namen und kein Gesicht. Nicht so wie Dustin Hoffmann im gelben Schutzanzug. Nicht so wie Mark Wahlberg inmitten seltsamer Menschen, die plötzlich rückwärts laufen. Irgendetwas hat sich in mir nach einer anderen Welt gesehnt. Meine persönlichen Notbremsen habe ich im Lauf meines Lebens daher schon einige Mal gezogen.
Burnout. Sabbatical. Kündigung. Weltreise.
Das war aber nicht genug. Ich wünschte mir, dass nicht ich es bin, die sich mühsam aus den Gewohnheiten, aus den Normen und aus dem ganzen System ausschleusen muss. Sondern dass etwas von außen kommt, das mir die Last und Verantwortung nimmt und dafür sorgt, dass alles anders wird.
Weniger Small Talk. Weniger Statussymbole. Weniger Superfood. Weniger Social Media.
Dass irgendetwas kommt, das alles aus den Angeln hebt. Dass uns die Welt eine Pause verordnet. So eine Pause, über die Pema Chödrön seitenlang in ihrem Buch „Den Sprung wagen“ philosophiert. Etwas, das uns global zum Umdenken zwingt. Etwas, das uns an einen Ort zurückbringt, an dem wir uns auf das besinnen, was wirklich zählt.
Menschlichkeit, Mitgefühl und Liebe.
Die Liebe in den Zeiten von Corona
Nein, ich habe mir den Corona-Virus nicht gewünscht. Niemand hat das. Ich habe auch nicht geahnt, dass ausgerechnet dieser gemeine Virus meine seltsame Sehnsucht stillen würde.
Die Sehnsucht nach Ruhe, nach Stille, nach Langsamkeit.
Die Sehnsucht nach allem, was echt & vertrauenswürdig genug ist, um sich daran festzuhalten.
Ja, ich mache mir Sorgen. Um meine Liebsten, um die Welt und um meine Existenz, die gerade auf wackeligen Beinen steht.
Und trotzdem geht es mir beängstigend gut dabei.
Denn wer will schon eine „Existenz“, wenn er auch leben, lieben & tanzen kann?
Und während wir gerade so vieles NICHT tun sollen oder dürfen, springen jetzt all die Dinge wie von selbst auf unsere Love-to-do-Liste, die wir viel zu lange vernachlässigt haben. Ich fühle mich gerade wie ein Kind, das die Welt zum ersten Mal sieht. Ich freue mich so unfassbar über jedes Blatt, das jetzt im Frühling aus den noch kahlen Zweigen wächst. Ich habe fast Tränen in den Augen, wenn ich dem Zwitschern der Vögel zuhöre, wenn da kein einziges Wölkchen am Himmel ist und ich am Ufer eines glasklaren Sees stehe, der zusammen mit seeligen Fischen all die sonderbare, aber wohltuende Ruhe zu genießen scheint. Ich darf da stehen mit nur einem Menschen. Der, mit dem ich ich zusammenlebe. Der, der mich erinnert, dass wir soziale Wesen sind. Die Sonne scheint. Es ist ganz still. Ein Entenpärchen schwimmt vorbei. Mehr braucht es gerade nicht.
Die schönere Welt, die unser Herz kennt
Sie rühren mich zutiefst, die musizierenden und applaudierenden Menschen auf den Balkonen. Die Yogaklassen, Meditationen & Konzerte auf Social Media. Die Delfine, die nach langer Abstinenz zu den Küsten zurückkehren. Das demonstrativ freundliche Lächeln unbekannter Menschen auf der Straße, das sagen will: Keine Sorge, wir schaffen das schon irgendwie. Irgendetwas Gutes liegt in dieser Zeit der Krise in der Luft. Nichts ist gewiss. Alle in einem Boot. Wir sind eins und scheinen in der Isolation mehr denn je verbunden. Seltsam, aber schön.
In unsicheren Zeiten ziehe ich am liebsten das großartige Buch von Charles Eisenstein aus meinem Bücherregal: „Die bessere Welt, die dein Herz kennt, ist möglich“. Wenn man darin blättert, hat man das Gefühl. er hat vor uns allen schon längst geahnt, was kommt. Er ruft zum Mitgefühl und zur Verbundenheit auf, die es braucht, um den Sprung von der alten in die neue Welt zu schaffen. Dazu müssen wir all den Ballast loslassen, die konditionierten Muster und festgefahrenen Gewohnheiten über Board werfen. Und unsere „(Un-)Komfortzone“ verlassen, auch wenn wir immer noch glauben, sie wäre das Beste, was uns passieren konnte. Ein harter Trennungsschmerz, der uns noch einige Tränen, Wut und Widerstand kosten wird. Doch wie alles im Leben geht auch das vorbei.
Diese Krise ist die Chance, das Alte gehen zu lassen, unsere Mitmenschen ganz nah in unser Herz zu lassen und das Schöne noch klarer und besser zu sehen.
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JETZT ist die Gelegenheit, Krisen zu transformieren & Gutes noch besser zu machen. Hier kommen meine Inspirationen für dich…
- Wenn du ein Reisender bist, ist das die einmalige Gelegenheit, alle Flüge in ferne Länder zu stornieren & stattdessen eine REISE NACH INNEN zu beginnen – das größte Abenteuer deines Lebens!
- Wenn du ein Influencer bist, ist das die einmalige Gelegenheit, deinen Einfluss dafür zu nützen, um von der allumfassenden LIEBE statt von überflüssigen Luxusprodukten zu schwärmen.
- Wenn du ein Workaholic bist, ist das die einmalige Gelegenheit, zu verstehen, dass es im Leben nicht um das Abhaken deiner To-Do-Liste geht, sondern um die wertvollen BEZIEHUNGEN zu den Menschen um dich herum.
- Wenn du ein Perfektionist bist, ist das die einmalige Gelegenheit dich in AKZEPTANZ zu üben – für jeden noch so hässlichen Kratzer in deinem Weltbild, der dich wirklich wachsen lässt.
- Wenn du ein Pessimist bist, ist das die einmalige Gelegenheit all DAS SCHÖNE wahrzunehmen, was immer schon da war, dir aber bisher entgangen ist.
- Wenn es dir schwer fällt, Grenzen zu setzen, ist das die einmalige Gelegenheit, NEIN zu allem zu sagen, was nicht zu dir gehört – und damit JA ZU DIR SELBST!
- Wenn du Angst hast, ist das deine einmalige Gelegenheit, mit deiner Angst FRIEDEN zu schließen und deine Träume trotzdem zu verwirklichen.
- Wenn du Fehler gemacht hast, ist das die Gelegenheit, VERANTWORTUNG für dein Tun zu übernehmen und deine Sache ab jetzt viel besser zu machen.
- Wenn du Mühe damit hast, klare ENTSCHEIDUNGEN zu treffen, dann ist das die einmalige Gelegenheit, zu erkennen, dass das Leben nicht darauf wartet, bis du endlich soweit bist. Denn vielleicht wärst du es nie.
- Wenn du nur den Mangel in deinem Leben siehst, dann ist das die einmalige Gelegenheit, von nun an in FÜLLE weiterzuleben und zu erkennen, dass du alles hast, was du brauchst und noch viel mehr!
- Wenn du inmitten aller Turbulenzen RUHE bewahren kannst, dann ist das die einmalige Gelegenheit, anderen Menschen mit deiner Stärke und deinem Mitgefühl beizustehen.
- Wenn du ein besonderes TALENT hast, ist das die einmalige Gelegenheit, es für dich und die Welt zum Strahlen zu bringen.
- Wenn du eine gute IDEE hast, die darauf wartet verwirklicht zu werden, dann ist das die einmalige Gelegenheit jetzt Nägel mit Köpfen zu machen.
- Wenn du nach dem SINN DES LEBENS suchst, ist das die einmalige Gelegenheit für deinen bewussten Rückzug, um die stillen Sehnsüchte deiner Seele zu ergründen.
- Wenn du nach deinem GLÜCK suchst, ist das die einmalige Gelegenheit alle Ablenkungen beiseite zu lassen und zu erkennen, dass es schon längst in dir wohnt.
- Wenn du die ANGST endgültig gegen die LIEBE tauschen möchtest, dann ist das JETZT deine Chance! Greif‘ zu, die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder!
xo,
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4 comments
Liebe Jeanette,es gibt nur ein ,du bist einzigartig,danke ,dass du bereit bist ,das alles zu teilen 💝🙏Danke von ganzem Herzen ,.fühl dich umarmt und beschützt,alles liebe und gute Marianna
Danke, liebe Marianna!
Es ist nur ein Versuch, meine Gedanken zu ordnen. Das gelingt mir beim Schreiben am besten! :)
Gesund bleiben & alles Liebe, Jeanette
[…] das immer tue, um mein inneres Chaos zu bändigen. Eigentlich wusste ich gar nicht wohin mit diesem Blogpost, der in keine Rubrik so recht passen […]
[…] wird die Frage nach dem Sinn nach Corona noch brisanter als davor. Das ist das Souvenir, das uns diese Krise hinterlässt, egal, ob wir […]