Wen es zum ersten Mal nach Bad Gastein verschlägt, der könnte irritiert sein. Von den wild in das Tal gebauten Häusern, von Irrgarten-ähnlichen Straßen und vom verstaubten K & K Charme, den man hier gar nicht erst loswerden will. Fast hat man das Gefühl, der Kaiser wäre erst gestern hier gewesen, um sich auf einer der Promenaden die Füße zu vertreten.
Tatsächlich wird Gastein heute von osteuropäischen und skandinavischen Völkern regiert, die dem in die Jahre gekommenen Örtchen zumindest in der Skisaison ordentlich Leben einhauchen. Dass es den Gästen dabei nicht ausschließlich um Kuranwendungen mit dem berühmten Gasteiner Heilwasser geht, ist schneller zu erahnen als einem lieb ist. Mit der multikulturellen Fangemeinde wurden nicht nur Bars und Skihütten belebt, auch hielt der Retro-Chic in Form von frisch manikürten Boutique-Hotels Einzug in das malerische Tal. Und so trifft man in Bad Gastein weiterhin auf kaiserliche Kurbad-Atmosphäre, die scheibchenweise in gewollt stilbrüchiges Design verpackt wurde.
Ein kunterbunter Mix aus schnörkeligem Jugendstil, geradlinigem 60ties-Flair und bodenständigem Alpin-Chic, der sich, wie es scheint, in dieser Form nicht nur in Berlin oder Kopenhaqen, sondern auch in Bad Gastein ausleben lässt.
Die Verkettung verschiedener Zufälle beförderte mich zuletzt gleich mehrfach in den Kurort. Zu Gast in den Hotels, die den Halb neu-halb-Vintage-Stil auf ihre ureigene Weise – mal schräg, mal gegensätzlich, mal urgemütlich – vorleben, folgt hier eine kleine Zusammenfassung meiner Eindrücke:
Hotel Das Regina
Müssten sich Kaiser Franz Joseph und Andy Warhol ein Zimmer teilen, dann würden sie wohl im Regina einchecken. Geht man über die altertümlichen Fliesen im Eingangsbereich, die mit ultrachicem Gießharzüberzug für die gefühlte Ewigkeit konserviert wurden, ist man schon mittendrin in dieser wilden Mischung aus Villa Verdin am Millstättersee und Rough Luxe Hotel in London. Die Murano-Kronleuchter und venezianisch angehauchten Möbeln auf den Zimmern machen den Versuch einer Stilzuordnung irgendwann überflüssig. Im Badezimmer tanzen grün-braune Kacheln aus den Sechzigern mit schwarz-weißen Bodenmosaiken Tango. An der Wand hängt ein lustvoll geschwungener goldener Spiegel mit erleuchtenden Halogen-Spots darüber. Dem „Wow, war das Absicht oder hat’s der Innenarchitekt übersehen?“-Gefühl begegnet man im Regina an jeder zweiten Ecke.

- Atmosphäre: Nostalgisches Laissez-faire
- Badezimmer-Accessoires: Produkte von (Malin+Goetz)
- Specials: kleiner Retro-Kinosaal mit XL-Flatscreen und kunterbunter DVD-Auswahl
- Website: www.dasregina.com
Hotel Miramonte
Im Hotel Miramonte werden niedere Kurbadinstinkte mit exklusiven Designelementen kompensiert. Unweigerlich begibt man sich auf Entdeckungstour, um Glasportale, Kronleuchter oder Heizkörperverblendungen auf die Dekade ihres Ursprungs hin zu inspizieren. In den Zimmern findet man stilvolle Designerlampen und grazile Flatscreens auf drei Beinen. Auf dem Boden breiten sich trendy Kuhfelle häufiger als auf einer argentinischen Farm aus. Man kann sie mögen oder auch nicht. Spätestens beim Frühstück macht man dann die Bekanntschaft mit Schafsfellen auf drahtigen Stühlen. In der gemütlichen Bar wird die Gästeschar mit Retro-Loungestühlen, die von Größe und Stil an Puppenhauseinrichtung erinnern, einer stattlichen Zeitschriften- und Bücherauswahl sowie kleinen Nachmittagssnacks empfangen. Wer mag, gönnt sich am späten Nachmittag eine Yogaeinheit im ersten Stock.

- Atmosphäre: Alpiner Retro-Chic mit Zen-Charakter
- Badezimmer-Accessoires: Produkte von Aveda
- Specials: Zirbenholzbetten und iPod-Dockingstationen
- Website: www.hotelmiramonte.com
Hotel Haus Hirt
In der Disziplin „Gästewünsche von deren Augen ablesen“ verdient das stets gut gebuchte Haus Hirt einen Orden. Die omnipräsente Hausherrin lässt nichts, aber auch gar nichts unversucht, um den vielen Stammgästen ihren Urlaub zu versüßen. Man gibt sich rundum familien- und kinderfreundlich, ohne dass sich Alleinstehende oder Kinderlose je fehl am Platz fühlen müssten. Und so isst man sich durch liebevoll angerichtete Frühstücks- und Nachmittagsbuffets, streunt durch mit Büchern, Zeitschriften und Tageszeitungen übersäte Lounges und lässt sich mit Tee bewaffnet auf einer Spa-Liege nieder. Irgendwann bemerkt man, dass der Tag vorüber ist, ohne dass man es bereuen muss, keinen Fuß vor die Tür gesetzt zu haben.

- Atmosphäre: Erweitertes Wohnzimmer mit Wohlfühl-Ambiente
- Badezimmer-Accessoires: Produkte von Aveda
- Specials: Aveda-Spa mit gemütlichen Behandlungsräumen, Thermalwasseranwendungen, Yoga
- Website: www.haus-hirt.com
4 comments
schaut absolut gut aus!
bad gastein addicted… ich kann aus fast 10 jähriger erfahrung sagen, die sucht endet nie und es gibt immer wieder noch etwas zu entdecken…
ja, ein Ort für Besonderheiten!
Schöner Artikel, da bekomme ich direkt Fernweh! Ich war selbst erst letztes Jahr in einem Hotel in Bad Gastein und würde sofort wieder los, wenn ich könnte. Wir hatten einen tollen Urlaub!