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Ausflug nach Faro: von langen Sonntagen und kleinen Entdeckungen

Manchmal hat man das Gefühl, das Leben pulsiert gerade überall, außer da, wo man gerade ist. An einem Sonntag im Winter könnte das passieren. Erst recht, wenn man in Faro ist.

Die Wolken hängen über der portugiesischen Stadt. So schwer und tief, wie sie nur an einem Sonntag hängen können. Eben noch frohlockend am Meer spaziert, wird man plötzlich von einem kleinen Hauch Tristesse und Langeweile eingeholt. Das Meer ist immer magisch, doch Städte können eben auch deprimierend sein. Vielleicht liegt das auch daran, dass sich zwischen abgeblätterten Fassaden so wenig Menschen tummeln. Und wenn doch jemand zu sehen ist, dann bewegt er sich langsam, als hoffte er, dass das schwermütige Wochenende so schneller an ihm vorüber zieht.

Vielleicht ist es das, was man mit dem Fado zum Ausdruck bringen möchte. Die von Molltönen unterlegte Sehnsucht nach besseren Zeiten. Und wirtschaftlich gesehen hat das Land wahrhaft bessere Zeiten gesehen. Kaum zu glauben, wie still und bescheiden es um das Seefahrervolk von einst geworden ist. Und dennoch mag ich gerade das. Deshalb fahre ich alljährlich nach Portugal und nicht nach Spanien. Als hätte die Zeit einen ihrer Zeiger verloren, weil man ihn ohnehin nicht braucht. Während sich die Welt weiter dreht, lebt man hier ganz unbeeindruckt vom Zeitgeschehen vor sich hin. Umso überraschter ist man dann, wenn man in unprätentiösen Gassen plötzlich urbane Konzepte entdeckt, die ebenso in London oder New York zu Hause sein könnten.

Flashpacking-Tipps Faro: Casual Food Café und Casa do Sul

Da ist zum Beispiel das Casual Food Café, das sich zwischen all den klassischen Caébars so gar nicht geniert, chic und weltoffen zu sein. Große Holztische, Designer-Stühle und -Lampen, moderne Wandinstallationen.  Und eingebildet genug, auch am Sonntag offen zu halten. Wer nicht kommt, um einen Kaffee aus großen Bechern zu trinken, wandert durch die Spezialitäten-Ecke. Dort drapiert man alles, was gut und gesund ist oder zumindest nett verpackt ist.

Shop & Café in einem zu sein, behauptet man auch in der Casa do Sul ein paar Ecken weiter. So klein, dass man die Lokalität auch übersehen könnte. Es sind die großen Glasfronten und der Clean-Chic dahinter, die einen in einer Stadt wie Faro sofort aufhorchen lassen. Es könnte nett sein da drinnen, fast so als würde man im Londoner Primrose Hill einen Weizengras-Smoothie trinken. Mit dem Unterschied: das Café hat sonntags geschlossen und gibt sich seufzend der Fado-getränkten Leere hin.

Was also tun? Man wandert weiter durch die Gassen. Irgendwie verloren. Und ja, auch seufzend. Damit dieser Sonntag irgendwann ein gutes Ende nimmt. Dass man wieder zurückfährt, ins nahgelegene  Tavira. Dort wo man den Wintertouristen das Gefühl gibt, alles wäre so lebensfroh und geschäftig wie an einem Sommertag. Kaum denkt man fort, hat man auch schon erkannt, dass auc der Tristesse etwas abzugewinnen ist. Denn: Nur wer die Wolken kennt, kann die Sonne lieben!

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Abgeblätterte, aber farbenfrohe Fassaden in Faro

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Kirchen findet man überall an der Algarve. Auch in Faro.

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Das ehemalige Seefahrervolk liebt aufwändige Pflasterungen

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Casual Food Café innen…

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…und außen

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Und dann endlich doch ein bisschen blauer Himmel über Faro!

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Altes Gemäuer kann auch faszinierend sein. Dieses hier muss „steinalt“ sein.

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Die wohlsortierte Auslage der Casa do Sul – sonntags leider geschlossen

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Zwischen Fado und Tristesse lebt die Liebe zum Detail

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2 comments

  1. Hi Jeanette,

    vielen Dank für diesen Post!
    Deine Bilder und Deine Beschreibungen wecken augenblicklich meine Sehnsucht nach der Algarve und dem sehr außergewöhnlichen Menschen dieser kulturell so reichen Region.
    Du schreibst von der portugiesischen Melancholie. Warum finden die Menschen der Region in Deinen Beschreibungen keinen Platz?
    Ich hätte da noch etwas, das vielleicht etwas mehr zur Beschreibung des Ursprungs der Traurigkeit beiträgt:
    http://algarve-entdecker.com/2013/11/17/portugals-seele-seele-der-portugiesen/

    Herzliche Grüße

    Alex

    1. Danke für den Link zu deinem Algarve-Blog! Gut zu wissen..;-)

      Ach, wenn ich nur über alles schreiben könnte und noch viel mehr. Hinter den Landschaften und Städten stehen natürlich auch die Menschen, die wohl zum ruhigsten, bescheidensten und sympathischsten Volk in ganz Europa gehören. Die Bekanntschaften sind niemals flüchtig, sie sind erst zurückhaltend, doch dann umso echter und herzlicher. Manche dieser Menschen sind auf meinen Algarve-Reisen zu Freunden geworden, die man immer wieder gerne besucht. Warum sie nicht auf meinem Blog Erwähnung finden? Vielleicht weil es viel zu persönlich ist und ich meine portugiesischen Freunde viel zu wertvoll, um sie als Blogfutter zu benutzen :-) Aber ich kann sie ja bei der nächsten Algarve-Reise mal fragen, was sie davon halten…

      LG Jeanette