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Companhia das Culturas  – Castro Marim, Algarve

Design, B&B, Algarve, Portugal, Castro Marim, Companhia das Culturas

In Castro Marim an der östlichen Algarve, nur einen Katzensprung von Andalusien entfernt, wächst das Companhia das Culturas zu einem gelungenen Eco-Konzept am Rande der Beschaulichkeit.

Wir kommen zu früh. Die zartgrünen Blätter der Feigenbäume winden sich Anfang März gerade erst aus den Ästen und die B&Bs an der Algarve sind noch in der Aufwärmphase. Eglantina kommt uns gut gelaunt mit einem geflochtenen Korb in der Hand entgegen. Sie war gerade auf dem Weg, die noch leeren Vasen mit frischen Blumen zu füllen, während die Handwerker mehr oder wenig eifrig versuchen, alte Mauern zu transformieren. Eigentlich sollte die neue Rezeption, der kleine Shop und ein weiteres Zimmer schon fertig sein, erzählt Eglantina. Sie lässt sich nicht aus ihrer Ruhe bringen und zeigt uns fröhlich das Wohnzimmer mit der alten Olivenpresse und den von ihr restaurierten Vintage-Möbeln. Wir lassen unser Gepäck in der Companhia das Culturas und beschließen auf einen Galão ins beschauliche Castro Marim zu fahren. Auch ein Zwischenstopp am Meer ist drin, weil der endlose Sandstrand der Praia Verde nur  zwei Autominuten entfernt liegt. Als wir am späten Nachmittag wiederkommen, haben sich schon andere Gäste eingefunden, die in Poolnähe geduldig darauf warten, ihr Zimmer zu beziehen. Ein junges Paar aus Moskau, ein älteres Ehepaar aus Zürich und zwei hochgewachsene freundliche Männer, die irgendeine Multikulti-Herkunft repräsentieren. Wir sind also nicht die einzigen Gäste. Der Geheimtipp, der am Tag unserer Ankunft in die Saison startet, dürfte sich schon herumgesprochen haben. Unsere umtriebige Gastgeberin weiß ihre Ideen nicht nur umzusetzen, sondern auch zu vermarkten. Ihre Marmeladen werden in einem Shop in New York verkauft. Ein hübsches Feigenblatt dient als Logo wiederholt sich auf der durchgestylten Broschüre, den Handtüchern, den Kopfkissen und den Servietten. Wir warten mit den anderen Gästen und trinken frisch gepressten Orangensaft am Pool bis wir in einem verschachtelten, weiß getünchten Altbau Quartier beziehen dürfen. Unser Zimmer ist zwar nicht das größte, versprüht aber mit einem charmant auf einem Holzpodest drapierten Bett individuelles Flair. Das Bett kuschelig und blütenweiß überzogen, das Bad verkörpert die Fusion aus Zen und Design. Auf Klimaanlagen und TV-Geräte wird bewusst verzichtet. Hätte man mir das nicht ausdrücklich gesagt, ich hätte wahrscheinlich gar nichts vermisst.

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Man lebt sich schnell ein auf der Companhia das Culturas. Ein durchgeplantes Designkonzept, das nichts dem Zufall überlässt – auch nicht die Bodenständigkeit und Ursprünglichkeit, die man zwischen rostigen Scheunentoren und dem Vintage-Interieur im Stil der Fünfziger bewusst hervorblitzen lässt. Dennoch ist nichts aufgesetzt. Der einfache, portugiesische Lebensstil ist echt und Eglantina steht voll und ganz hinter ihrem Konzept. Ich spaziere mit ihr ein Stück weiter zu einem Gebäude, das von der Straße wie eine einfache Quinta wirkt, doch die große Fensterfront mit dem türkisfarbenen Holztor lässt schon erahnen, dass die Hausherrin hier schon ihr nächstes Konzept ausbrütet: Zweistöckige Appartements mit viel Holz und Kork. Jalousien aus Holz kreuz und quer vor die Fenster gespannt, die zuvor in einem Hotel nicht mehr gebraucht wurden und als Schattenspender zu neuer Funktion finden. Immer wieder zeigt sich Eglantina begeistert von ihren eigenen Visionen – hier soll eine offene Feuerstelle auf dem Stein der ehemaligen Olivenpresse entstehen, dort hat sie Schranktüren in die Wand eingebaut und verteilt im Raum warten Stühle, alles Einzelstücke, auf ihre endgültige Zuordnung. In Eglantinas Vorstellung haben sie das schon längst. Wir umkreisen das Gebäude entlang einer langen weißen Wand und erreichen den Mini-Spa mit Hammam. Für ein B&B gar nicht so kleiner Designkomplex, in dem Marmor auf kupferfarbene Armaturen treffen und mit dem die Hausherrin ihre Gäste auch in den Wintermonaten anlocken möchte. Man kann sich gut vorstellen, dass man sich überreden ließe, hier zwischen November und Februar zur Ruhe zu finden. Man müsste den Ort nicht mal verlassen, auch wenn die Apartments für die Selbstverpflegung gedacht sind. Hinter dem Teich und den unzähligen Feigen- und Aprikosenbäumen – angebaut hat man sie, weil sie einmal herangezogen, fast ohne Wasser gedeihen – steht die Fabrica. Das dritte Gebäude der Companhia das Culturas. Dort lässt Eglantina ihre Möbelfundstücke zu neuen Unikaten zusammenbauen, die sie selbst für die Realisierung ihrer Einrichtungsideen verwendet, aber auch zum Verkauf anbieten will. Die selbstgemachten Marmeladen aus den Feigen und Aprikosen sowie andere Produkte aus der eigenen Landwirtschaft sollen dort ebenfalls verkauft werden. Vom köstlichen Geschmack der Marmeladen überzeugen wir uns beim Frühstück, das Eglantina persönlich serviert. Kein Buffet, sondern eine Auswahl, die an die Tische gebracht wird: Gebäck, Rührei, Thunfisch, Ziegenkäse, Früchte, Joghurt. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Selbst das Frühstück trägt unübersehbar die Handschrift einer durchdachten Idee. 

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Vor dem Abendessen zieht es uns in die Corkbox – mein ganz persönliches Highlight: Ein Raum für Yoga, Meditation oder Tanz, der voll und ganz mit heimischen Kork ausgekleidet wurde. Ich habe schon viel gesehen, aber das noch nicht. Von der Decke baumeln Designer-Glühbirnen in verschiedenen Längen und durch die getönte Schiebeglastür dringt gedämpft das Tageslicht. Ich bin im siebten Yogahimmel und übe verschiedene Yin Yoga-Positionen in dieser sehr besonderen Atmosphäre (Yogapost folgt!), bevor es ganz ohne Voranmeldung in das Restaurant zum Abendessen geht. Es ist wie ein Essen bei Freunden, unkompliziert und doch gibt man sich Mühe. Es ist erst der zweite Arbeitstag des Chefs, der eigentlich Biologie studiert hat und sich nach jedem Gang freundlich erkundet, ob die Zusammenstellung auch gemundet hat, oder ob wir ihm raten würden, etwas zu verändern. Das vegetarische Gericht wird mit kleinen blauen Blüten garniert, ließe sich rein geschmackstechnisch aber dennoch als ausbaufähig bezeichnen. Zum Glück gibt es portugiesisches Craftbeer und herrlichen Rotwein aus dem Alentejo dazu. Während der Koch mit meiner Begleitung über den Thunfisch philosophiert, unterhalte ich mich quer über die Tische mit dem Paar aus Russland. Man würde viel reisen, lässt man mich wissen und wäre heute mal schnell in Sevilla gewesen, mit 150 Kilometer Entfernung einen Tagesausflug wert. Und ja, Yoga wäre, wenn auch zaghaft, auch schon in Moskau angekommen. Es ist Wochenende und Eglantina ist an die Westküste gefahren, zu einer bunten Veranstaltung, bei der es um ökologische Systeme geht. Entspannt schwebte sie schon am Vortag von ihrem Anwesen, das Zepter bereits wohlwollend an ihre Mitarbeiter übergeben, die jenseits jeglichen Perfektionsanspruchs ihr Bestes geben. Nachdem wir mit den Russen noch einen Absacker aus der Selbstbedienungsbar im von Kerzenschein erhellten „Wohnzimmer“ nehmen, verbringen wir in unserem Vorzeigebeispiel für ganzheitliche Eco-Gästehäuser unsere vorläufig letzte Nacht. Am nächsten Morgen noch ein Schwätzchen mit den Schweizern über Wirtschaft, die EU und das schöne Portugal. Das Companhia das Culturas gehört zu den Orten, die man wieder besuchen muss. Und sei es nur, um Yoga in der Corkbox zu üben oder zu sehen, welche neuen Visionen Eglantina gerade in die Tat umsetzt.

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Companhia das Culturas // www.companhiadasculturas.com

fazenda s. bartolomeu, rua do monte grande, 8950-270 castro marim

Dieses und andere traumhafte Gästehäuser sind über Welcome Beyond buchbar.

Dinge, die man nicht erwarten würde:

  • ein durch und durch gelungenes Eco-Konzept mit hohem Designanspruch
  • ein Yoga-/Meditationsraum ganz aus Kork, wöchentlich finden auch Yogastunden statt
  • unkompliziertes Zusammentreffen & interessante Gespräche mit Gästen aus aller Welt
  • ein Mini-Spa samt Hammam wird in Kürze fertiggestellt

Dinge, die man vermissen könnte:

  • Klimaanlagen, TV-Geräte und WIFI, das bis in den letzten Zimmerwinkel reicht
  • Sensible Ohren werden trotz abgelegener Lage Straßengeräusche vernehmen
  • geschultes, serviceoptimiertes Hotelpersonal (das allerdings mit Freundlichkeit & Höflichkeit punktet)

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3 comments

  1. Liebe Jeanette,
    zufällig bin ich auf Deine Seite gestoßen, weil mein Freund und ich Ende Mai eine Rucksacktour durch Portugal machen und ich momentan gerne meine Zeit damit verbringe, mir schon mal ein paar Anregungen zu suchen. Deine Bilder sind mit Abstand die schönsten in den Reiseblogs, die ich bislang gesehen habe. Das macht mir nochmal sooo viel mehr Lust und Sehnsucht endlich loszustarten. Ich habe mir schon viele tolle Tips und Inspirationsquellen aus Deinen Berichten notiert. Vielen Dank dafür.
    Ganz liebe Grüße aus Köln sendet Dir Steffi

    1. Oh, das freut mich aber sehr, liebe Steffi! Portugal wird dir gefallen, es ist einfach ein herrliches Land und die Portugiesen so bescheiden! Jedes andere Land würde den ganzen Tag damit angeben welch tollen Strände, Küsten und Natur- und Kulturschätze es hat! Aber gerade deshalb ist Portugal wohl immer noch eine Art Geheimtipp, wo man noch frei, unkompliziert und abseits üblicher Pfade tolle Entdeckungen machen kann! Ganz viel Spaß bei eurer Tour und lass‘ mal hören wie’s war!

  2. Das Design spricht mich total an!
    Du bist immer in wirklich schönen Hotels unterwegs :)